Tutorial: Wenn Billigfliegen, dann richtig!

Es gibt in Europa eigentlich nur drei sogenannte LowCostCarrier (LCC), zum einen Ryanair aus Irland, Easyjet aus Großbrittannien und Wizzair aus Ungarn. Gerne dazuzählen tun sich noch Germanwings aus Köln, AirBerlin aus Berlin und Norwegian aus Norwegen, hier ist es jedoch um ein vielfaches schwerer günstige Flüge zu finden als bei den echten LCC.
Wichtig für solche Fluggesellschaften ist das sogenannte Point-to-Point-Prinzip. Dieses unterscheidet sich im Gegensatz zu dem Hub-Prinzip der “großen” Airlines (Lufthansa, BritishAirways, AirFrance usw…).
Beim Hub-Prinzip besitzt eine Airline einen oder mehrer Flughäfen, die zum Umsteigen genutzt werden. Möchte man z.B. von Berlin nach Mexiko so ist es recht wahrscheinlich, dass man einen Flug mit der Lufthansa via Frankfurt oder München bucht. Diese beiden Flughäfen sind die großen Basen der Lufthansa, bei British Airways ist es London-Heathrow und bei AirFrance Paris-CDG. Besitzt man mehr als das übliche Handgepäck, so wird es durchgecheckt und man muss sich darum nicht kümmern. Die innerdeutschen Flüge der Lufthansa werden als Zubringerflüge bezeichnet. Man sammelt also aus komplett Deutschland die Passagiere (auch PAX genannt) an einem zentralen Punkt (Frankfurt oder München) und fliegt dann mit entsprechend großem Fluggerät weiter. Als Flughäfen dienen vorallem die großen Airports der Welt (sogenannte Primärflughäfen), so auch Berlin-TXL, Stuttgart, Hamburg, Düsseldorf. Einige Sekundärflughäfen wie Nürnberg, Köln, Bremen und Berlin-SXF besitzen Zubringerflüge sowie einige wichtige Destinationen (London, Paris, Madrid…). Die tertiären Flughäfen (auch Regionalairports genannt) werden ausschließlich für Zubringerflüge zu den großen Hubs genutzt (so unter anderem Hof, Mannheim, Saarbrücken, Sylt). Desweiteren besitzen diese Fluggesellschaften große Allianzen (StarAliance usw..), sollte man von Leeds nach Sylt fliegen wollen, würde ein Flug ungefähr so aussehen: Von Leeds mit BritishAirways nach London-Heathrow, dann entweder mit LH oder BA nach Frankfurt und letztlich mit LH (oder einem Partner wie Cirrus) nach Sylt. Diese Flüge sind dann dementsprechend auch teuer.
Das Point-to-Point-Prinzip ist etwas anders aufgebaut. Hier gibt es sogenannte Basen und “nicht”-Basen. Basen sind Flughäfen an denen Flugzeuge der jeweilige Airline stationiert sind. Hierfür werden gerne Regionalairports genutzt, da die Gebühren um ein Vielfaches geringer sind als bei den großen Airports. Gute Beispiele sind dafür London-Stansted, Düsseldorf-Weeze, Frankfurt-Hahn, Girona. Durch die immense Nachfrage an Billigflügen nutzen viele der LCC inzwischen auch große Flughäfen als Basen: Barcelona, Madrid, Edinburgh, Dublin. Die Flugzeuge haben also einen festen Punkt von dem sie aus die Flüge bestreiten, so fliegt eine Maschine von Edinburgh nach Memmingen in Edinburgh los, dreht in Memmingen und fliegt wieder zurück um dann das nächste Ziel anzusteuern. Ein weiterer wirtschaftlicher Faktor ist die Auswahl der Flughäfen, so ist es für einen LCC wesentlich rentabler Düsseldorf-Weeze statt Düsseldorf Int. anzufliegen, da erstens die Gebühren geringer sind, zweitens aber auch die Standzeit der Flugzeuge (auch Turn genannt). Denn nur ein Flugzeug das fliegt bringt auch Umsatz. Diese Airlines können es sich nicht erlauben erstmal 30 Minuten bis zur Startbahn zu rollen oder zu warten, ein Zeitfenster auf der Startbahn zu bekommen. Ein durschnittlicher Turn beträgt bei LCC 20-30 Minuten, also vom Landen(Touchdown) bis zum erneuten Starten(Pushback).
Große Basen von Ryanair sind London-Stansted, Dublin, Girona-Barcelona, Alicante, Mailand-Bergamo, Frankfurt-Hahn und Düsseldorf-Weeze. Bei EasyJet sind es London-Gatwick, London-Luton, Edinburgh, Berlin-SXF, Rom-Ciampino. Um weitere Kosten zu minimieren fliegt man grundsätzlich nur einen Flugzeugtyp um Wartungskosten minimal zu halten (Bei Ryanair: über 250 Boeing 737-800)

Airport in der Pampa

Klar wird man ein wenig geblendet, wenn man Oslo(Rygge), Stockholm(Skvasta), Düsseldorf(Weeze) oder Frankfurt(Hahn) liest. Denn diese Flughäfen befinden sich vereinzelt über 100km von der eigentlichen Stadt entfernt. Die Transferkosten sind damit natürlich um ein Vielfaches größer, jedoch nicht in Relation mit dem Flugpreis zu setzen. Einige Flughäfen eignen sich dafür auch andere Gebiete zu erkunden: London-Stansted (Cambridge), München-West (Memmingen/Allgäu), Stockholm-Skvasta (Nyoköping), Barcelona-Girona (Costa Brava), Mailand-Bergamo (Bergamo), Hamburg-Lübeck (Lübeck).

Transfer

Der Transfer von einem Flughafen ins Stadtzentrum ist neben der Unterkunft die größte Position auf der Rechnung. So kostet eine Fahrt von Frankfurt-Hahn nach Frankfurt oder Köln 15€, Düsseldorf-Weeze nach Düsseldorf 17€ oder in den Ruhrpott 14€. Hier gibt es jedoch ein paar Tricks die man anwenden kann. In Deutschland bietet es sich an, mal auf den gängigen Mitfahrzentralen zu gucken, ob nicht jemand zum Flughafen fährt. Desweiteren gibt es meistens Ländertickets(Bus und Bahn) die man mit 5 Personen nutzen kann und somit recht günstig werden.
In meiner Lieblingsdestination London gibt es weitere Tricks. Aus Deutschland kommt man meißt auf dem Flughafen London-Stansted an, hier kostet der Bus mit Terravision 9GBP, mit EasyBus zwischen 2-8GBP für jeweils eine Fahrt. Der Stansted-Express ist nicht zu empfehlen, da eine Fahrt gute 17GBP kostet. Guckt man jedoch vor seinem Trip auf eBay gibt es meistens Rückfahrtkarten (Stansted-Express ab London Liverpool St) welche nicht entwertet wurden zum Schleuderpreis von 1-6€.
Transferfahrten vermeiden sollte man möglichst in Skandinavischen Ländern, vorallem bei den Flüghäfen Oslo-Torp, Oslo-Rygge, Stockholm-Skvasta. Dort liegt man schnell bei 30-40€ für ein Returnticket. Das liegt aber auch daran, dass diese Länder generell sehr teuer sind. Günstig wird es immer weiter Richtung Osten und an den großen Flughäfen (Dublin, Madrid, Porto, Edinburgh). Italien bildet da komischerweise eine Ausnahme, so ist Rom und Mailand recht günstig zu erreichen, da hier entsprechend viel Konkurrenz vorherrscht. In Mailand-Bergamo sollte man sich nicht von den aufdringlichen Shuttlebussen irritieren lassen, stattdessen einfach den Bus zur Altstadt Bergamo’s nehmen und dann günstig mit der italienischmen Staatsbahn (mit deutschen Zügen) ins Stadtzentrum von Mailand fahren, was größtenteils sogar schneller ist.

Wie finde ich einen günstigen Flug?

Jetzt wird es langsam spannend. Möchte man z.B. von Berlin nach Dublin und man hat ein festes Datum im Blick, so würde ich dazu raten, 1,5 – 3 Monaten vorher sich mal schlau zu machen und bei Ryanair zu gucken. Dann wird man eines schnell feststellen: “Ist ja alles so teuer!” Lasst mich kurz eurer Flugdatum erraten: Freitag hin und Sonntag zurück? Richtig…
LCC bieten am Wochenende selten die wirklich günstigen Flüge an, so kommt man dann vllt für 100€ return nach Dublin. Es gibt ein paar wichtige Punkte zu beachten:
  1. Wenn es wirklich ein Wochenende sein muss, wird es teuer, leider…
  2. Lange Wochenenden sind meistens günstiger, also Donnerstag bis Montag
  3. Warst du schonmal in Norwegen? :)
Auch wenn Ryanair Umsteigeflüge offiziell nicht anbietet (erinnert euch an das Point-to-Point-System) heißt das ja nicht, dass man nicht umsteigen kann. Vorallem Flüge zu den Pampa-Airports sind recht günstig, welche man sich zu nutzen machen sollte. Ein Flugpaar Berlin – Oslo(Rygge) – Dublin wird euch beiweitem nicht so viel kosten wie der Direktflug. Darauf werde ich später nochmal eingehen. Man muss aber ein paar Dinge beachten…

Gebühren, Gebühren, Gebühren

Eine No-Frill-Airline (wörtlich übersetzt: kein Schnick-Schnack) verlangt für jedes Extra Geld. Ihr bekommt für euer Geld nur den Flug, wirklich nur den Flug. Möchtet ihr Gepäck aufgeben, ein Getränk an Board haben, mit EC-Karte zahlen kostet das extra. Doch in so ein Handgepäcksstück passt viel rein. Die Abmaße sind groß bemessen und mit 10kg kann man auch ordentlich quetschen um eine gute Woche Urlaub im Rucksack zu verstauen. Muss man jedoch Gepäck aufgeben, so werden 15-20€ pro Gepäckstück verlangt. Bezahlen sollte man bei Ryanair mit einer MasterCard-Prepaid, für die werden bei Ryanair keine Gebühren verlangt. So eine Karte gibt es bei der Sparkasse(35€ p.A.) oder im Internet (wirecard, kostenlos) und funktioniert über ein Aufladeverfahren (meistens Bankeinzahlung). Bei der wirecard (die ich auch nutze) bezahlt man pro Überweisung eine Gebühr von einem Euro. Bei EasyJet kann man kostenlos mit dem elektronischen Lastschriftverfahren und bei Wizzair mit Überweisung bezahlen.

London, Rom, Paris, Erkner

Wie schon gesagt bietet es sich an Flugkombinationen rauszusuchen. Bei den LCC sollte man aber beachten, dass es keine Umsteigegarantie gibt. Sollte ihr also umsteigen wollen und ihr verpasst einen Flug (egal ob die Gesellschaft daran Schuld ist oder nicht), so könnt ihr nicht kostenlos umbuchen und Erstattung gibt es auch nicht. Es birgt also ein gewisses Restrisiko. Bei Ryanair sollte man gut 1,5 – 2,5 Stunden zum Umsteigen einplanen. Das kommt auf die Größe des Umsteigeflughafens an. In Regionalairports kommt man recht schnell aus dem Gebäude und auch wieder ins Gebäude. Bei größeren Flughäfen wie Dublin, Edinburgh, Madrid sollte man eher mehr Zeit einplanen, da hier lange Wege auftreten und sich desöfteren an SecurityCheck etc. lange Schlangen bilden können. Bei Airlines wie EasyJet und WizzAir sollte man generell mehr Zeit einplanen, da diese nicht als die pünktlichsten gelten, da sie unteranderem größere Flughäfen anfliegen und somit den Turn (bei LCC meist 20-30 Minuten) nicht schaffen.
Ein gutes Beispiel für Umsteigeverbindungen ist die Verbindung von Köln nach Edinburgh. Hier bekommt man meißt günstige Direktflüge von Köln aus mit EasyJet für den Hinflug, zurück fliegt man jedoch besser mit Ryanair nach Danzig und dann mit WizzAir weiter nach Köln (Ersparnis liegt bei gut 30€). Um solche Paare zu finden, kann man sich einiger Hilfsmittel bedienen, ich nutze dafür zwei. Zum einen die Flugsuchmaschine www.skyscanner.net welche einem schon recht gute Kombinationen raussucht, zum anderen aber meinen Favouriten: ein kleines Tool, was auf den Namen Azuon hört (www.azuon.com). Dies ist zwar zur Zeit leider nur unter Windows benutzbar aber trotzdem das Ultimum. Sofern man sich nicht die Premiumversion holt werden einem 75% der gefundenen Flüge angezeigt, die Jahresgebühr für eine Lizenz ist mit 10€ aber sehr erschwinglich und lohnt sich wirklich.

Daytrips sind cool

Wenn man jetzt wie ich eigentlich nur seine Flugstatistik vollbekommen möchte nutzt man wohl eher Daytrips. Also morgens hin, abends zurück. Leider gibt es manchmal auf seinem Stammflughafen nicht die Möglichkeit einen Früh- und Abendflug zu bekommen, da der Flughafen nur einmal am Tag angesteuert wird. Hier kommt jetzt der Gabelflug ins Spiel. Findet man z.B. einen Flug von Düsseldorf-Weeze nach Göteborg (welcher frühs abfliegt) guckt man einfach mal in der Umgebung, welche Flughäfen denn noch so angeboten werden. Für einen Studenten mit NRW-Ticket käme dort eigentlich nichts in den Sinn, da es keinen weiteren Ryanair-Flughafen in NRW gibt. Im Umkreis bieten sich mit Frankfurt-Hahn, Bremen und Maastricht jedoch lukrative Alternativen. Die Transfers sind dann entsprechend günstig (Frankfurt-Hahn 15€ nach Köln, Bremen 8€ nach Osnabrück, Maastricht 5€ nach Aachen).
Sollte sich jedoch keine sinnvolle Flugkombination finden oder der nächste Flughafen zu weit entfernt sein, lohnt es sich nach einem Dreiecksflug umzugucken. Ein Beispiel ist dafür die Kombination Memmingen – London – Bremen – Memmingen, so bleiben einem effektive acht Stunden in London und man ist pünktlich zum Abendessen zuhause.
Und wenn ihr das alles beachtet sieht eure Flugkarte dann eventuell mal so aus wie meine :)
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Quelle: Phillipp Nürnberger, https://0xb0.com/